Hallo zu einem neuen Update aus der Endgame-Forschung!
Klima Endspiel

Was braucht es, damit klimawissenschaftliche Fakten wirklich ankommen? Diese Frage hat uns im letzten Monat im Team Endspiel beschäftigt. In persönlichen Gesprächen, bei der Planung und Reflexion unserer Veranstaltungen und bei der Vorbereitung unserer Veröffentlichungen. Im nächsten Endspiel-Salon am 29. März (Karfreitag) wollen wir uns mit Euch darüber austauschen (unten mehr Infos)! 

Was uns bewegt

Eigentlich ist schon lange klar, was los ist. Bereits 1896 berechnete der schwedische Physiker Svante Arrhenius zutreffend, welcher Temperaturanstieg auf eine Verdopplung der CO2-Konzentration in der Atmosphäre folgt. Seitdem sind die globalen CO2-Emissionen um etwa 60% gestiegen.

Grafik aus: Wolfgang Knorr, “Our profession is letting down humanity” in The Conversation

Vor gut 50 Jahren 1972 veröffentlichten Meadows et.al. (auch von der Volkswagen Stiftung gefördert) „Grenzen des Wachstums“. Die Autor*innen prognostizierten das Ende unserer Zivilisation, würde der Kurs nicht gewechselt. Seitdem sind die realen Entwicklungen erschreckend nah an den prognostizierten Pfaden auf dem Weg in einen gesellschaftlichen Kollaps.

Laut Climate Action Tracker steuern wir auf eine Erwärmung von 2,7 Grad zu. Dabei ist stark einberechnet, dass mit Technologien, die noch gar nicht zur Verfügung stehen, CO2 aus der Atmosphäre wieder gebunden und gespeichert wird. Wo landen wir ohne Carbon Capture and Storage? Und wo, wenn Kipppunkte wie AMOC früher als erwartet hinzukommen?

Die Prognosen sind klar und schockierend. Die Frag ist also: Was fehlt für eine entschlossene Transformation auf systemischer Ebene? Braucht es wirklich mehr Informationen über die Klimakatastrophe, um notwendige Veränderungen auszulösen? Oder könnte es sein, dass die meisten schon fühlen, dass wir auf dem falschen Weg sind und eine unbeschönigte Kommunikation zu neuer, ehrlicher und realistischer Motivation führen kann? Caroline Baker schreibt in ihrem Handbuch „Navigating the Coming the Coming Chaos”:

“Another piece of analysis will only bore the mind.”

Let’s talk real: braucht es eine andere Kommunikation und Kultur, um uns von unserer schwindenden Zukunft im Klima Endspiel berühren zu lassen? In seinem letzten Buch „Wer wir waren” blickt Roger Willemsen aus der Zukunft auf die aktuelle Zeit zurück. Aus diesem Blickwinkel ist folgendes Zitat von ihm zu lesen:

„Wir waren jene, die wussten, aber nicht verstanden, voller Informationen, aber ohne Erkenntnis, randvoll mit Wissen, aber mager an Erfahrung. So gingen wir, von uns selbst nicht aufgehalten.“

In diesem Sinne experimentieren wir mit der Annahme, dass es nicht an Informationen mangelt, sondern an unseren Beziehungen zu einer Welt nach 1,5 Grad. Was bräuchte es, damit wir uns von der Klimakatastrophe berühren lassen?

Forschungsfragen

Hier haben wir uns einmal mehr von Autor und Aktivist Andrew Boyd inspirieren lassen. Im Flowchart zu seinem Buch „I want a better catastrophe“ haben folgende 5 Fragen uns besonders spannende Gespräche beschert:

 Was ist jetzt notwendig?
➤  Ist die Klimakatastrophe ein „Problem”, das wir lösen können?
➤  Wie wollen wir dem Zerfall begegnen?
➤  Gibt es gute Gründe zu hoffen?
➤  Und warum sollte uns der Kollaps überhaupt interessieren?

Quellen der Inspiration

Um angesichts der Klimafakten nicht den Verstand zu verlieren: Caroline Baker hat in ihrem Handbuch „Navigating the Coming Chaos“ (2011) auf beeindruckend undogmatische Weise viele praktische Anregungen zusammengefasst, um auf schöne Art innerlich in Beziehung zu sein mit einer Welt, die zerfällt.

Wie die radikale Unsicherheit im Climate Endgame zum Anreiz werden kann: In ihrem Essay „Edgework in post/apokalyptischen Zeiten“ überträgt die Hamburger Kriminologin Christine Hentschel den Begriff Edgework auf Aktivismus im Bewusstsein unvermeidbarer Verluste. Historisch bezeichnet Edgework Praktiken wie Graffitisprühen, bei denen gerade die Bedrohlichkeit anziehend wirkt. Wie sieht Edgework im Klima-Endspiel aus, wenn gerade die Aussichtslosigkeit der schwindenden Bewohnbarkeit der Erde zur Motivation wird, alles zu geben?

Podcast des Monats: Ayana Young spricht mit brontë velez über die Lust in den Machtkämpfen ums Klima: Wer spricht eigentlich über den Untergang welcher Welt? Wie sieht eine Zukunft aus, in der weiße Männer ihre Macht in einem Akt des Vergnügens abgeben? Und was können wir von BDSM lernen über die Lust, der Klimagerechtigkeitsbewegung zu dienen? Hier, der Link

Rückblick

Im letzten Endspiel-Salon ging es um den (fehlenden) deutschsprachigen Diskurs zu einer Welt nach 1,5 Grad. Nachdem die die durchschnittlichen Temperaturen ein Jahr lang diese Grenze überschritten haben, ist 1,5 Grad als politisches Ziel massiv in Frage gestellt. Wir haben uns gewundert, dass darauf kein Medienaufschrei gefolgt ist. Ist davon abzuleiten, dass ein Großteil unserer Gesellschaft gar nicht erst vom Einhalten des 1,5-Grad-Zieles ausgegangen ist? Oder sind wir schon daran gewöhnt, dass politische Ziele verfehlt werden? Welche Rolle spielt dabei die Dauer von Legislaturperioden im Verhältnis zu den geologischen oder klimatischen Zeiträumen? Wir bleiben an den Narrativen zu 1,5 Grad dran, da uns fasziniert, was mit einem bislang so breit angenommenen Ziel passiert. 

Außerdem haben wir den Vortrag von Gerriet Schwen aus dem Team Endspiel auf der Tagung der Deutschen Physikalischen Gesellschaft an der Uni Greifswald reflektiert: Es ging darum, dass wir uns bislang nahe dem von Meadows et.al prognostizierten Weg in den gesellschaftlichen Kollaps befinden, der Weltklimarat keine Worst Case Szenarien berechnet und wie die abstoßende Kraft der Metapher „nuklearer Winter“ zu einer der größten Sozialen Bewegungen geführt hat. Gleichzeitig scheinen diese Informationen im Vortragsformat wenig Resonanz hervorzurufen. Daher die Frage: Was braucht es eigentlich, damit Informationen wirklich in uns landen können?

Termine

18. März ab 16:30 Uhr:
Gespräch am Feuer
Hannover an der Glocksee, kostenfrei

Feuer bringt uns schon seit Jahrtausenden zusammen. Ums Feuer entsteht ein warmer Raum. Daher laden wir ein sich gemeinsam am Feuer zu treffen, um Fragen zu stellen, die verunsichern und beängstigen. Könntest du mit deiner Familie in einem Zimmer wohnen? Für wie viele Menschen kannst du Verantwortung übernehmen? Das sind Fragen, die der Klimakrise sowie die globalen Kriegsherde für Millionen von Menschen aktuell machen. Auch wir wollen davor nicht die Augen verschließen, sondern Feuer mit Feuer begegnen.

29. März 12-13 Uhr (Karfreitag):
Endspiel
-Salon #3 
Online, kostenfrei

Immer am letzten Freitag im Monat treffen wir uns online, um eine relevante Frage zu diskutieren. Der Endspiel-Salon ist unser monatlicher Reflexionsraum, den wir für alle Expert*innen der Klimakommunikation aus Wissenschaft, Aktivismus und Medien öffnen.  

Diesmal wollen wir diskutieren:    

„Was braucht es, damit klimawissenschaftliche Fakten wirklich ankommen?“

Seit Jahrzehnten sind die katastrophalen Folgen der Klimazerstörung bekannt – und dennoch steigen die Treibhausgasemissionen Jahr für Jahr. Wenn die Fakten bekannt sind, wie können sie berühren? Und welche Potentiale haben dabei katastrophale Szenarien?

Trage den Zoomlink direkt im Kalender ein: 
https://us06web.zoom.us/j/2106432852

16. April, 9:30 - 12:30 Uhr:
Höchste Zeit für neue Erzählungen! 
Online, kostenfrei

Training für Menschen in der Erwachsenenbildung (Lehrende, Kursleitende, Trainer/-innen, Hauptberufl. Mitarbeitende, Leitungskräfte, Interessierte)

Die Debatte übers Klima hat alle Bereiche der Gesellschaft erreicht: Die Streiks von Fridays for Future setzten den Fokus auf die Zukunft, doch längst holen Nachrichten von Hitzewellen die Katastrophen ins Hier und Jetzt. Die Debatte polarisiert und vereinfacht, in der Wirtschaft arbeiten viele an der Begrenzung ihres eigenen Schadens. Wie wird die Klimakrise in der Erwachsenenbildung eingeordnet?

Info & Anmeldung

Ein Highlight im Mai, auf das wir uns schon freuen:

3. Mai 9:30-17 Uhr:
Klimakrise trifft Katastrophenschutz
Hannover im Pavillon, kostenfrei

Zusammen mit Jörg Jelden von komfortzonen.de planen wir einen spekulativen Katastrophenalarm. Dafür suchen wir Menschen aus Hannover und Umgebung, die sich professionell in Krisenbewältigung und Katastrophenschutz arbeiten. Falls du also in Hannover jemanden bei Feuerwehr, THW, Polizei, Krankenhäusern, Verkehrsleitzentralen, Stadtwerken, Verwaltung etc. kennst, freuen wir uns riesig über eine Vernetzung. 

Gib uns Tipps

Das Projekt wird von einem trandisziplinären Team an der Leibniz Universität und der Hochschule Hannover durchgeführt und vom Ministerium für Wissenschaft und Kultur des Landes Niedersachen gefördert. 

Liebe Grüße vom
Team Endspiel 

www.endspiel.website
endspiel@meteo.uni-hannover.de
www.instagram.com/klima.endspiel.zukunft

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